Im Foto die Top 4 v.l.: Christian Reimering, Klaus Hebestreit, Mario He, Andreas Roschkowski, Peter Flicker (Organisator) und Sebastian Spohn (Turnierleiter).

Turnierbericht Touch Magazin

Folgende Worte der Snooker- und Pool-Billard-Legende Tony Drago aus Malta spiegeln absolut treffend, was man über den diesjährigen Rockstar-Cup in Neckarsulm wissen muss. „Ich hatte hier in Deutschland mit guten Spielern gerechnet, aber dass es derart gut sein würde, hätte ich nicht gedacht.“ In die gleiche Kerbe schlugen auch die beiden Rückkehrer in die Billard-Szene, Martin Poguntke aus Wolfsburg und der St. Augustiner Sascha Trautmann.
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Die beiden mischen seit etwas mehr als zwölf Monaten wieder kräftig mit und sind erstaunt über die immense sportliche Entwicklung, die im Gegensatz zur derzeitigen Mitgliederentwicklung steht. Doch dies ist ein anderes Thema, hier geht es nun um das erste Major-Turnier der German Tour 2015. Dass zum 26. Male ausgetragene 3-Tages-Event in Neckarsulm war einmal mehr bis auf den letzten Platz ausgebucht – insgesamt 256 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verteilten sich auf die acht Vorrundengruppen.
Jeweils die acht besten sollten die Finalrunde erreichen, doch nicht jedem glückte dies. Prominenteste Opfer der ersten Turnier-Stufe waren Bernd Jahnke vom Bundesligisten BV Fortuna Straubing und auch Marco Dorenburg aus Bruchsal hatte sich zum Jahresabschluss sicherlich ein besseres Ergebnis gewünscht als der unbefriedigende 65. Rang.
„Rund dreißig Leute können das Turnier gewinnen“, sagte Trautmann später im Interview mit dem Youtube-Kanal von Bluewhiteball, der unter der Regie von Bernd Schmotz knapp zwei Dutzend Partien aufzeichnete und der Öffentlichkeit zum Anschauen zur Verfügung stellt. „Diese Zahl ist immens. Zu meiner Hochzeit vor zehn bis fünfzehn Jahren waren es vielleicht fünf Leute, die solch ein Turnier gewinnen können“, führte Trautmann weiter aus.
Für den gebürtigen Mannheimer kam übrigens das Aus nach etwas mühsam überstandener Vorrunde im Viertelfinale. Ausgerechnet gegen Andreas Roschkowsky aus Oberhausen, gegen den man sich bekanntlich gar keine Fehler erlauben sollte, führte ein großer Schnitzer Trautmanns zum späteren Aus. Bei 7:8 verfehlte er eine sehr einfache Fünf – offenbar war er im Gedanken schon beim Hill-Hill, wie es im Fachjargon heißt.
Exakt das gleiche Schicksal widerfuhr aber auch anderen. So beispielsweise Martin Poguntke in seinem Achtelfinale gegen Klaus Hebestreit aus Osnabrück. Bei 8:8 bekam er einen ganz fürchterlichen „Kick“ auf die Neun und setzte diese neben das Loch. Parallel erlaubte sich Roman Hybler (BSV Fürstenfeldbruck) einen völlig ungewohnten Fauxpas bei eigener 8:7-Führung, der Snooker-Profi Alexander Ursenbacher zu einem nicht mehr erwartenden Besuch am Tisch einlud. Der Schweizer Jungstar ergriff die Gelegenheit und ließ seinen Widersacher nicht mehr an den Tisch.
Blickt man auf die Ergebnisse in den letzten vier Runden der Einfach-K.O.-Phase, kann man die These von Sascha Trautmann übrigens glasklar dokumentiert sehen. Allein sechs der acht Achtelfinals endeten mit dem knappsten aller Ergebnisse. Da stechen die klaren Resultate im Halbfinale, die 9:3 und 9:6 endeten, schon deutlich heraus. Ein weiterer Beleg des eng zusammengerückten Favoriten-Feldes ist das frühe Aus von Tony Drago (gegen Tilman Rumland) und auch die Auftaktniederlage des späteren Siegers in der Gruppenphase. Der Vorarlberger Mario He erlaubte sich nämlich diesen Luxus, als er gegen den späteren Neuntplatzierten Daniel Merbitz (Ludwigsburg) mit 4:6 den Kürzeren zog, dann aber ganze elf Sätze in Folge gewann und sich somit zum Champion von Neckarsulm krönte.
Bevor es allerdings so weit war, hatte auch der WM-Neunte aus Österreich so einige bange Momente zu überstehen. Die Partie gegen seinen deutschen Kumpel Sebastian Staab (PBC Altstadt), die zum Aus des deutschen 8-Ball-Meisters führte, hätte gut und gerne auch anders ausgehen können.
Dann hatte sich der 21-jährige aber warm geschossen und gab seinen Widersachern nur wenig Gelegenheiten. Das musste auch der bis dahin im German Ranking führende Joshua Filler aus Schwerte leidvoll erfahren, der gegen die abgeklärte Spielweise des für den BSV Dachau in der Bundesliga spielenden He seine Chancen ein wenig überhastet ausließ. Weitere prominente Opfer waren Martin Schwab aus Bad Saulgau, Tobias Hoiß aus Straubing und schließlich auch Christian Reimering vom PBC St. Augustin. Der Titelverteidiger und Gewinner der German Tour 2014 hatte im Semifinale wenig entgegenzusetzen und unterlag He überraschend deutlich.
Apropos Überraschung: Diese gelang auch dem Osnabrücker Klaus Hebestreit. Schon lange stand der hoch aufgeschossene Blondschopf auf den Favoritenlisten der Experten und nun gelang ihm endlich der große Wurf. Zwar hatte er gegen Poguntke wie oben erwähnt auch das nötige Quäntchen Glück, doch ansonsten spielte der junge Mann aus Niedersachsen ein einwandfreies Turnier. Das mussten nacheinander auch Alexander Ursenbacher und Andreas Roschkowsky quittieren.
Fast hätte es für Hebestreit sogar zum ganz großen Triumph gereicht, denn im Finale gegen Mario He war er zunächst immer eine Nasenlänge voraus. Erst gegen Ende des Satzes wendete sich das Blatt. Die Spannung war nun greifbar, die rund 120 Zuschauer sahen wie gebannt zu. Vor den Mikrofonen von Bluewhiteball tümmelten sich gleich vier Kommentatoren und fachsimpelten, dass man bei 8:8 ja ganz selten eine An-Aus-Partie sähe und dass das Hill-Hill-Match sicherlich in einem Safeduell gipfeln würde.
All das interessierte Mario He aber herzlich wenig. Da er zu Beginn des Matches das Ausstoßen gewonnen hatte, war er bei Wechselbreak nun auch bei 8:8 an der Reihe. Wie an der Schnur gezogen gelang das Break, die Eins war blitzsauber spielbar. Ein Raunen ging durch den Saal, denn jeder sah, dass es das gewesen sein müsste. War es auch. Einen kleinen Wackler erlaubte sich He noch, doch die abschließende Neun schenkte ihm sein Widersacher. Sie lag schlicht zu einfach, denn He hatte sein Stellungsspiel zwischenzeitlich zurück erlangt und wieder einmal perfektioniert. Ein großartiges Turnier mit vielen spannenden Matches hatte seinen verdienten Sieger gefunden!
Das galt im Übrigen auch für das Damen-Turnier, das parallel am Schlusstag gestartet wurde. Leider mussten die Frauen bis tief in die Nacht spielen, doch mit Kristina Schagan vom BV Mörfelden-Walldorf kristallisierte sich eine verdiente Gewinnerin heraus. Das tat ihrer Seele sicherlich gut, denn in jüngster Zeit war es für die 26-jährige weder national noch international so richtig gut gelaufen. Diese Zeiten sind für sie nun hoffentlich vorbei, so dass sie frohen Mutes auf 2015 blicken kann. Auf den weiteren Plätzen folgten Theresa Roidl (AS Städtedreieck), Yvonne Ullmann aus Fürstenfeldbruck und die Wuppertalerin Christine Wiechert. Insgesamt beteiligten sich 21 Frauen an diesem Turnier, das sich seit wenigen Jahren in Neckarsulm etabliert hat.

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wkw